21 – Schmetterlingseffekt
…oder wie stark eine Aussage nachhallen kann…
Nach und nach kommen wir an, und nur langsam verarbeiten wir die Enttäuschung.
Darum schreibe ich heute als Sibylle. Es wäre nicht fair, diesen Frust Bruce zu übertragen.
Wie Bruce in Beitrag 5 geschrieben hat; jeder hat seinen Rucksack zu tragen.
Erfahrungen, die einen zu dem Lebewesen machen, das man heute ist. Und jeder Stein der einem in den Weg gelegt, oder in den Rucksack gepackt wird, lernt einem etwas Neues.
Wir sind definitiv mit einem schwereren Rucksack in die Schweiz zurück gekehrt.
Wir haben uns monatelang auf unser Abenteuer vorbereitet, haben, für uns persönlich wichtige, Dinge verkauft, um unsere Reisekasse aufzubessern. Haben Jobs gekündigt und unseren Reptilien ein neues Zuhause gesucht. (welches nicht besser sein könnte!)
Wir haben uns sehr auf Finnland gefreut und dachten wirklich, dass wir länger als 1 Monat dort sein dürfen.
Ja, Rückblickend waren wir zu naiv. Ein Plan B und C und D wäre bestimmt gut gewesen.
Ich hätte es nie für möglich gehalten; aber zurzeit fällt es mir extrem schwer, mich mit dem Thema «Hund» auseinander zu setzen.
Das Lernen für meine Ausbildung zur Hundeverhaltensberaterin fällt mir sehr schwer… Weil so viele negative Gefühle hochkommen, die eigentlich nichts mit den Hunden zu tun haben.
Schlussendlich stehen hinter den Anschuldigungen gegen mich Menschen und keine Hunde…
Ermutigt werde ich von Zora und Bruce und von dem Gedanken, dass ich diese Ausbildung begonnen habe, um Hunden, die Mühe haben in unserer Gesellschaft zurecht zu kommen, helfen zu können.
Auch wenn der Start in Finnland bereits schwierig war, so haben wir unser Bestes gegeben. Und sind wir ehrlich; wäre es nicht fair, jemanden auf seine Fehler hinzuweisen, anstatt nach so kurzer Zeit zu sagen, ihr könnt wieder Heim?
Mir wurde noch nie gekündigt… Aber ich glaube nicht, dass es normal ist jemandem zu kündigen, nur weil er demotiviert aussieht, ohne ihn auch nur 1x darauf hinzuweisen, oder zu fragen, ob etwas nicht in Ordnung sei, ob er vielleicht etwas freundlicher schauen könnte.
Wobei ich ehrlichgesagt denke, dass es den Hunden egal war, ob ich grinste oder nicht, oder ob ich eben meinen neutralen-autistischen Gesichtsausdruck drauf hatte. Die Hunde haben gespürt, dass ich Freude an ihnen hatte und dass ich motiviert war und sie genossen es auch, dass ich mit ihnen auf dem Platz herumrannte und spielte. Wobei gerade beim letzte Punkt wurde ja behauptet, dass ich so etwas nicht gemacht hätte.
Selbst an dem Tag, an dem ich scheinbar so genau beobachtet wurde, habe ich den Hunden Schneebälle geworfen und mit ihnen gespielt.
Da haben die Streitereien unserer Nachbarn hier in der Schweiz doch auch etwas Gutes… Wären auf dem Areal in Finnland auch so viele Überwachungskameras montiert wie hier bei uns, dann hätte man ja nachschauen können, wie demotiviert oder eben motiviert ich wirklich war.
Auch der Vorwurf, dass ich nicht mit den Hunden spazieren ging… Hmm… Ok, zugegeben, selbst wenn man mir gesagt hätte, dass ich mit den Hunden spazieren gehen soll, hätte ich diese Bitte stark hinterfragt, zum Wohle der Hunde. Die Hunde kennen mich nicht nach nur einer Woche, und ich kenne die Hunde nicht. Ich wäre nicht, mit mir fremden Hunden, in die finnische Wildnis gelaufen. Nicht mit Schlittenhunden, die man nicht an einer Leine führen kann.
Aber der weitere Verlauf des Ganzen zeigte auch, dass da viel mehr dahinter steckte als einfach nur meine „Unfähigkeit“.
Wieso sonst sollte jemand auf meiner Behinderung herum trampeln, diese als Schwachstelle nutzen, zu erklären, dass ich seit 30 Jahren die einzige sei, die nicht verstanden habe, wie man mit den Hunden umzugehen hat, es ja aber auch toll sei, so aussergewöhnlich zu sein. Aussergewöhnlich? Jeder ist aussergewöhnlich.
Aber so etwas zu schreiben und dies auf eine Behinderung zu beziehen, da fehlen mir wirklich die Worte.
Dazu wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass ich das mit meiner Einschränkung niemals hinbekommen hätte.
Das kann gut sein, denn andere Musher haben mich darauf hingewiesen, dass bei dieser Anzahl Hunde eigentlich 2-4 Helfer benötigt werden. Also ja, wie hätte ich das mit meiner Einschränkung hinbekommen sollen?
Für uns wird klar; wir hatten nie eine Chance…
Dieser Vorwurf, ich wäre die einzige seit 30 Jahren die nicht verstanden habe… Naja, ich habe von X Menschen gehört, die ihre Arbeit dort mit den Hunden nicht verstanden haben. Vielleicht habe ich meine Arbeit wirklich nicht gut gemacht, das kann sein, aber ich war bestimmt nicht die erste.
Ein seltsames Auf- und Ab, wenn man 1,5 Wochen im Glauben gelassen wird, dass man seine Arbeit gut machen würde, und dann wird man von einer Minute auf die andere freigestellt.
Seltsam ist auch, wenn mir eine Person sagt, ich solle eine andere Person in Ruhe lassen, ich würde diese Person zu sehr stressen. Mal abgesehen davon, dass ich kaum Kontakt mit dieser Person hatte; sind wir nicht alle erwachsen und können für uns selbst sprechen?
Aber es ist, wie es nun mal ist. In sehr kurzer Zeit wurden uns viele Steine in den Rucksack gelegt.
Im Moment kommen wir noch nicht wirklich mit dem neuen Gewicht zurecht. Aber wir werden von Tag zu Tag stärker und wir werden auch diese Last tragen können!