Bruce's Meinung

2 – wie wichtig die Freiheit ist

Terve! Noch ein finnisches Wort, welches ich gelernt habe.

Letztes Mal habe ich erzählt, dass ich sehr nervös bin und mir schnell alles zu viel wird. Darum haben Sibylle und Stefan so viel Hoffnung in das Haus gelegt, welches wir gekauft haben.

Jetzt wohnen wir sehr schön, die Landschaft ist sehr schön und das Haus ist sehr gross und sehr schön, nur unser Garten ist leider sehr klein. Sibylle hat gesagt, dass wir den Garten bestimmt grösser machen können, so dass ich genug Platz zum Spielen und Toben habe.
Sibylle und ich haben uns sehr auf den grösseren Garten gefreut! Wir haben schon Material für den Zaun gesucht und alles geplant, aber dann wurde daraus doch nichts. Sibylle war dann tagelang traurig, so enttäuscht habe ich sie noch fast nie erlebt.

Sie sagte es sei wichtig, dass ich in einem gesicherten Bereich rennen kann. Ich sehe das anders, ich hätte auch nichts dagegen, wenn sie mich ausserhalb vom Garten freilassen würde. Also der Garten ist schon sehr toll und er gibt mir viel Sicherheit, die Reize sind im Garten und im Haus viel abgeschwächter, weil da alles immer gleich ist. Aber wenn ich draussen rennen kann, dann ist das Freiheit pur!

Leider sind mir schon mehrere Missgeschicke passiert… Zum einen ist mein Jagdtrieb sehr ausgeprägt und Katzen mag ich überhaupt nicht! 

Zum anderen bin ich einmal in einen Stacheldraht gerannt und der hat mich nicht mehr losgelassen. Aber wer hätte diesen blöden Stacheldraht auch sehen können? Der war rostig und lag im Wald, auf dem Boden, in den braunen Blättern. Zora hat mich dann zum Glück gefunden und Sibylle kam dann auch gleich dazu. Leider konnte auch Sibylle mich nicht mehr befreien. Sibylle konnte dann Stefan anrufen, sie sagte, das sei wirkliches Glück gewesen, weil sie in dieser Region sonst kaum Handyempfang hatte.

Stefan kam dann sofort mit Zangen und Sägen vorbei und hat unterwegs fast noch selbst einen Unfall gemacht. Sie konnten dann den Draht so durchtrennen, dass nur noch ein 10cm langes Stück in meinem Arm steckte. Das war schon viel besser und ich wollte gleich weiterrennen! Aber Sibylle und Stefan fanden das überhaupt nicht lustig und fuhren mich sofort zum Tierarzt. Dort wurde ich müde und als ich wieder aufwachte, war der Draht schon wieder entfernt. Aber mein Arm tat schon noch eine Weile weh.

Einmal habe ich eine Katze gesehen, leider hat Sibylle die nicht gesehen… Ich bin natürlich sofort losgerannt und habe vergessen, dass ich ja eigentlich nur 10m Leine zur Verfügung hatte. Weil ich so schnell bin und so viel Kraft habe, habe ich Sibylle zwei Finger gebrochen… Danach hatte ich ein paar Tage Hausarrest, weil Sibylle sich erst wieder etwas erholen musste.

Also wenn ich an diese Vorfälle denke, dann wäre ein grosser Garten wirklich gut für mich und vor allem auch für Sibylle. Als sich dann dieser Wunsch in „Luft“ auflöste, brach irgendetwas in Sibylle zusammen. Ich konnte das richtig spüren, es war fast wie ein Erdbeben!

Sibylle erklärte, dass es nicht nur das mit dem Garten sei. Wir haben nur 3 Nachbarn, und das nicht einmal in unmittelbarer Nähe. Aber zwei sind sehr zerstritten und wir stehen irgendwie dazwischen. Sibylle ist das zu viel und sie muss oft weinen, wenn die Nachbarn wieder streiten oder sie die Strasse blockieren. Dazu kommt, dass Sibylle auch viel zu viel Zeit und Energie in den Umbau des Hauses steckt. Je mehr gestritten wird, umso weniger Energie hat sie für das Haus und auch keine Freude mehr an der Arbeit am Haus. Irgendwann fühlte sie sich nur noch leer und traurig. Als dann auch noch das mit dem Garten nicht klappte, war es einfach zu viel.

Aber wie ein Phönix aus der Asche tauchte der Wunsch, nach Finnland „auszureissen“, bei Sibylle und Stefan so stark auf, dass sie den Wunsch nicht mehr unterdrücken konnten. Wie ein unterdrückter Funke der dann explodierte! Wie ein Urknall, der nun alles komplett verändert!

Sibylle sagt, dass es für sie gut sein wird, weil wir dort keine Nachbarn haben und für mich wird es das Paradies, weil ich dort ganz frei rennen kann!

Wir werden wirklich in der Wildnis sein und es wird dort keine Katzen geben, also nicht so wie bei uns. Auch kein Stacheldraht, der unnütz im Wald liegt oder hängt.

Ich werde dort viele Spielkumpels haben, die echte Schlittenhunde sind! Die müssen so stark und so schnell sein! Ich freue mich sehr, all diese Hunde kennenzulernen!
Ich weiss auch schon, was ich den Hunden sagen muss: “hauska tutustua”!
Das heisst “nett dich kennenzulernen”!

Stefan sagte, dass ich wahrscheinlich auch, eingespannt in den Schlitten, mitlaufen darf. Das wäre so toll! Ich liebe es jetzt schon, wenn Sibylle mit mir canicrossen geht, ich liebe es, wenn ich rennen und ziehen darf, das ist so cool!

Hach, es gäbe auch jetzt so viel zu erzählen, wie viele Hunde es haben wird, wie die sich verhalten und wie es Finnland aussieht, wo wir wohnen werden und wie ruhig es dort sein muss!

Aber jetzt muss ich Sibylle an den PC lassen, sie sagt, sie müsse lernen… Irgendetwas mit Hundeverhaltensberater oder so, also eigentlich nichts wichtiges…
Also; Nähdään! (finnisch für wir sehen uns!)